Veränderungen in der Arbeitswelt betreffen nicht nur die Beschäftigten in unterschiedlichen Branchen und Berufen, sondern auch die tagtägliche Arbeit von Gewerkschaften. Über Veränderungen in der Arbeitswelt forschen Wissenschaftler_innen aus verschiedenen Disziplinen. Mit unserer Reihe »Wissenschaft trifft Gewerkschaft« möchten wir beide Perspektiven ins Gespräch bringen.
Im Sommersemester 2015 konzentrieren wir uns deshalb auf das Thema »Prekarisierung von Beschäftigungsverhältnissen«. In drei unterschiedlichen Feldern möchten wir gemeinsam diskutieren, was aktuelle Forschung zu sagen hat und wie gewerkschaftliche, politische Antworten aussehen oder aussehen könnten.
Mit der Veranstaltung zu Arbeitsbedingungen von Schriftsteller_innen öffnen wir den Blick auf einen Beruf, der häufig nicht unbedingt mit gewerkschaftlicher Organisierung verbunden wird. Die Diskussion zu Leiharbeit und Werkverträgen hingegen setzt an einem inzwischen eher »klassischen« Gewerkschaftsthema an, wenn auch in einem Bereich, in dem gewerkschaftliche Organisierung nicht immer einfach ist. Die Veranstaltung zu Handwerksportalen rückt die Frage nach dem Zusammenhang von Internet, Digitalisierung und Arbeitsverhältnissen in den Vordergrund.
Wir freuen uns darauf, Kolleg_innen aus verschiedenen Berufen, Studierende, Wissenschaftler_innen und gewerkschaftlich Aktive begrüßen zu dürfen und sehen anregenden Diskussionen entgegen, die hoffentlich noch über diese Veranstaltungsreihe ausstrahlen.
CAROLIN AMLINGER
(Soziologin/Frankfurt a.M und Darmstadt)
CLAUS-PETER LEONHARDT
(Landesvorsitzender VS Hessen. Verband deutscher Schriftsteller in Ver.di.)
Schriftsteller tun das, was sie nicht lassen können: sie schreiben. Ihrer Arbeit eilt häufig der Ruf voraus, dass man ›der Sache wegen‹ schreibe – und nicht des Geldes wegen. Eine Arbeitsrealität als ›armer Poet‹ war schon immer alles andere als romantisch. Heute gilt, dass das Durchschnittseinkommen eines Schriftstellers niedrig ist; der Arbeitsalltag freier Autoren ist nicht selten geprägt von Unsicherheit und einsamem Schreiben. Die Lage der Mehrheit der Urheber wird prekärer, ihre Rechte stehen in Frage, obwohl der Content für Internet, Spiele und Literatur immer wichtiger werden. Die Interessenvertretung von Individualisten stellt eine Herausforderung vor allem in der digitalen Umwelt dar.
Carolin Amlinger geht der Frage nach, welche Auswirkungen Vermarktungsdruck und wachsende Konkurrenz auf dem Buchmarkt auf die Arbeitsbedingungen von Schriftstellern haben. Claus-Peter Leonhardt kommentiert diese Thesen aus schriftstellerischer Perspektive.
DR. HERMANN KOCYBA
(Institut für Sozialforschung, Frankfurt)
KATJA KÖHLER
(Technologieberatungsstelle beim DGB NRW e.V. / Hotline Zeitarbeit NRW)
Die Behauptung »Zeitarbeit: Sprungbrett in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis« suggeriert ein rosiges Bild einer prekären Situation. Leiharbeitsfirmen inszenieren sich als bessere »Jobvermittler« und versprechen eine Win-win-Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dr. Hermann Kocyba geht diesen Verheißungen kritisch nach und zeigt spezifische Mechanismen aus u.a. rechtlicher und betriebspolitischer Perspektive auf, die in letzter Konsequenz weniger einen Klebe- denn einen Drehtüreffekt forcieren und unter den Betroffenen Angst, Konkurrenz und Ausgrenzung produzieren. Katja Köhler berichtet aus ihrer Beratungspraxis an der Hotline Zeitarbeit darüber, mit welchen Problemen sich Leiharbeitnehmer im Alltag konkret konfrontiert sehen und welche Strategien zur Anwendung kommen können, um Arbeitnehmeransprüche zu umgehen.
PHILIPP LORIG (Soziologe/Leipzig)
N.N.
Bei der Betrachtung des Niedriglohnbereich fällt eine neue prekäre Beschäftigungsform auf: Selbstständige Arbeit auf Werkvertragsbasis, insbesondere im Bereich der handwerklichen Dienstleistungen. Personen dieser Beschäftigtengruppe verlegen ihre Auftragsakquise in den virtuellen Raum und bieten ihre handwerklichen Dienstleistungen auf Handwerksportalen wie z.B. MyHammer.de an. Diese Portale zeichnen sich u.a. durch Angebot-Nachfrage-Prozesse, Unterbietungswettbewerbe, Bewertungssysteme aus und zeigen bis weit in das Alltagsleben der Beschäftigten eine strukturierende und disziplinierende Wirkung. Philipp Lorig geht der Frage nach, wie in diesem Segment atypischer Erwerbsarbeit Autonomieansprüche und Ideale der Selbstverwirklichung selbstständiger Arbeit in ihr Gegenteil verkehrt werden.
Hier kannst du den Flyer zur Veranstaltungsreihe herunterladen.
Diese Veranstaltungsreihe wurde mitorganisiert von Aktiven der DGB Hochschulgruppe Frankfurt am Main, die sich monatlich trifft. Wer an einer Mitarbeit interessiert ist, kann sich wenden an: jugendbuero-frankfurt@dgb.de. Auf Facebook ist die Hochschulgruppe erreichbar über https://www.facebook.com/pages/DGB-Hochschulgruppe-Frankfurt-am-Main/648574091893370. Kontakt hergestellt werden kann auch über das DGB Campus Office an der Uni Frankfurt: http://asta-frankfurt.de/angebote/beratung-hilfe/campusoffice. Das DGB Campus Office ist der kompetente Ansprechpartner wenn es um Fragen rund um Studieren & Jobben geht und berät zweimal wöchentlich Studierende zu Fragen des Arbeits- und Sozialrechts.
Ein besonderer Dank gilt dem Hugo Sinzheimer Institut für Arbeitsrecht für die Unterstützung der Veranstaltungsreihe.