Deutscher Gewerkschaftsbund

10.03.2023

Eine Gesellschaft, die zusammenhält.

Der Trend zu einer wachsenden Ungleichheit ist in Deutschland ungebrochen. Dieses Problem muss auf allen Ebenen angegangen werden. Bezahlbarer Wohnraum ist in den hessischen Städten und Ballungszentren knapp. Die Veränderungen der Arbeitswelt erfordern eine Weiterentwicklung der solidarischen Sicherungssysteme und der Gesundheitssektor ist seit Jahren überlastet. 

Unter der Überschrift "Eine Gesellschaft, die zusammenhält" bringt der DGB die für ihn wichtigsten gesellschaftspolitischen Themen in die Diskussionen vor der Wahl ein. 

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Eine Gesellschaft, die zusammenhält.

Eine Gesellschaft, die zusammenhält.

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Der Trend zu einer wachsenden Ungleichheit ist in Deutschland ungebrochen und wird durch die Folgen des Ukraine-Krieges noch verschärft. Dieses Problem muss auf allen Ebenen angegangen werden. Eine wichtige Rolle kommt hier der Steuerpolitik und der Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand zu. Leistungen der Daseinsvorsorge müssen in ausreichendem Umfang bereitgestellt werden. Diese Leistungen müssen allen Menschen in ausreichendem Ausmaß zugutekommen.

Die Forderung nach einer angemessenen Besteuerung von Vermögen ist weiterhin aktuell und Teil der steuerpolitischen Eckpunkte des DGB. Einer prozyklischen Ausgabenpolitik der Landeshaushalte wird eine explizite Absage erteilt.

Vorab gilt festzuhalten: Die Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse.

Sie verhindert ausreichende Investitionen – vor allem mit Blick auf die sozial-ökologische Transformation. Daher muss die Schuldenbremse gestrichen und durch die „goldene Regel“ (Kreditfinanzierung von Investitionen) ersetzt werden. Solange die Schuldenbremse in Kraft ist und krisenbedingt aufgenommene Kredite zurückgezahlt werden müssen, soll die Tilgungsfrist 100 Jahre betragen.

Zur Finanzierung dringend notwendiger Investitionen fordert der DGB eine höhere Besteuerung von großen Einkommen und Vermögen. Genannt seien aus Landessicht insbesondere eine höhere Erbschaftsteuer und die Wiedererhebung der Vermögensteuer.

Das Land Hessen wird explizit aufgefordert, den Investitionsstau in Hessen zu ermitteln. Gleiches gilt auf der kommunalen Ebene. Hier fordert der DGB eine angemessene finanzielle Ausstattung der strukturell unterfinanzierten Kommunen. Spar- und Kürzungsvorhaben, wie dem Schutzschirm-Programm, wird eine Absage erteilt. Darüber hinaus spricht sich der DGB für die Rekommunalisierung von privatisierten Bereichen der kommunalen Daseinsvorsorge aus.

Die politischen Entscheidungsträger*innen auf Landesebene und auf der kommunalen Ebene sind zur konsequenten Anwendung einer geschlechtergerechten Haushaltspolitik aufgefordert.

Wohnen

Wohnen ist ein Menschenrecht. Bezahlbarer Wohnraum ist allerdings in den hessischen Städten und Ballungszentren knapp. Viele Beschäftigte können sich eine Wohnung in der Nähe ihres Arbeitsplatzes nicht mehr leisten und werden aus ihren Stadtvierteln verdrängt. Davon betroffen sind inzwischen breite Bevölkerungsgruppen. Die Durchsetzung des Menschenrechts, d.h. die Versorgung mit menschenwürdigem Wohnraum, ist staatliche Aufgabe und darf nicht allein dem Markt überlassen werden.

Besonders eklatant ist der Mangel an Sozialwohnungen. Der Sozialwohnungsbestand hat sich in Hessen seit Anfang der 1990er Jahre mehr als halbiert. Grund dafür sind insbesondere Privatisierungen und die Abschaffung der Gemeinnützigkeit. Erst in letzter Zeit konnte der Rückgang gestoppt werden. Er befindet sich aber auf einem nach wie vor viel zu niedrigem Niveau.

Zudem sind die Mieten und Nebenkosten in den letzten Jahren ins Astronomische gestiegen. Durch die Corona-Krise und den russischen Krieg in der Ukraine hat sich die Situation weiter verschärft. Die Diskriminierung benachteiligter Gruppen, wie z.B. von Geflüchteten, hat in den letzten Jahren weiter zugenommen.   

Unser Anspruch ist, dass alle, d.h. Jung und Alt, gut und weniger gut Verdienende, inklusiv, multikulturell und in Frieden miteinander wohnen und leben können. Wir wollen Integration statt Segregation. Wir wollen eine soziale Stadt, in der sich Menschen an der Gestaltung ihres Quartiers und ihres Lebensumfelds beteiligen. Wir wollen, dass die Beschäftigten in der Wohnungswirtschaft sichere, tarifvertraglich geregelte, mitbestimmte Arbeitsplätze und gute Arbeitsbedingungen haben.

Die künftige Landesregierung ist aufgefordert, eine öffentliche Investitionsoffensive auf den Weg zu bringen und mehr Schutz für die Mieter*innen sicherzustellen. Nur so kann der zunehmenden Spaltung und Verdrängung in den Städten und Ballungsräumen begegnet werden. Wohnen muss wieder am Gemeinwohl statt an der Rendite ausgerichtet werden. Der soziale Wohnungsbau muss mit neuer Gemeinnützigkeit wiederbelebt werden.

Frau bei Umzug

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Die künftige Landesregierung ist aufgefordert, eine öffentliche Investitionsoffensive auf den Weg zu bringen und mehr Schutz für die Mieter*innen sicherzustellen. Nur so kann der zunehmenden Spaltung und Verdrängung in den Städten und Ballungsräumen begegnet werden. Wohnen muss wieder am Gemeinwohl statt an der Rendite ausgerichtet werden. Der soziale Wohnungsbau muss mit neuer Gemeinnützigkeit wiederbelebt werden.

Unsere wohnungspolitischen Forderungen lauten:

Die Kommunen müssen beispielsweise durch eine Änderung des kommunalen Finanzausgleichs finanziell so ausgestattet werden, dass sie eine aktive Wohnungspolitik betreiben können. Bund und Land müssen hierfür ausreichend Fördermittel zur Verfügung stellen und die Förderkonditionen attraktiv gestalten. Die Fördermittel müssen zweckgebunden für die Schaffung von Sozialwohnungen eingesetzt werden. Die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel müssen vom Land Hessen mindestens eins zu eins durch Landesmittel kofinanziert werden.

Pro Jahr müssen in Hessen 10.000 Sozialwohnungen zusätzlich geschaffen werden.

Inklusives Wohnen und Barrierefreiheit müssen stärker gefördert werden. Zu neuer Gemeinnützigkeit gehört, dass dauerhafte Bindungen gesichert werden.

Die Landesregierung ist aufgefordert, sich auf der Bundesebene für die sofortige Einführung einer neuen Gemeinnützigkeit einzusetzen. Nach der Einführung müssen die Regelungen für die landeseigenen und kommunalen Wohnungsunternehmen übernommen werden. Dies würde deren Investitionsfähigkeit und Versorgungsauftrag stärken. Durch die neue Gemeinnützigkeit würden dauerhafte Bindungen gesichert werden.

Gemeinnützige, öffentliche und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen müssen gestärkt bzw. gegründet werden. Deren Gewinne müssen für Re-Investitionen verwendet werden.

Es darf keine Privatisierung öffentlicher Wohnungsbestände und Liegenschaften geben.

Vielmehr sind ehemals öffentliche Wohnungsbestände und Liegenschaften dem privaten Wohnungsmarkt zu entziehen.

Die Landesregierung ist aufgefordert, einen Bodenfonds einzurichten. In diesen werden Grundstücke aus dem Landesbesitz übertragen sowie weitere angekauft und diese den Kommunen zweckgebunden zum ermäßigten Festpreis für den geförderten und bezahlbaren Mietwohnungsbau zur Verfügung gestellt. Die Einrichtung eines Bodenfonds ist ein geeignetes Instrument, um die Baukosten zu senken. Außerdem sollte das serielle Bauen zur Baukostensenkung vorangetrieben werden.

Öffentliche Grundstücke müssen vorzugsweise gemeinnützigen, öffentlichen und genossenschaftlichen Trägern zur Bebauung überlassen werden.

Die Vergabe öffentlicher Grundstücke sollte grundsätzlich auf Erbpachtbasis und nach Konzept erfolgen.

Das Land ist wohnungsbaupolitisch unglaubwürdig, wenn es nicht mit gutem Beispiel bei der Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums voran geht. Deshalb ist nicht nur eine Renaissance des Werkswohnungsbaus einzuleiten. Für die Bediensteten des Landes Hessen ist vielmehr ein Wohnungsbauprogramm aufzulegen. Im Augenblick stehen fast keine Bedienstetenwohnungen mehr zur Verfügung. Bis zum Ende der kommenden Legislaturperiode sollten mindestens 2.000 Bedienstetenwohnungen neu geschaffen werden.

Das Land ist aufgefordert, eine Verordnung zur Umsetzung des Baulandmobilisierungsgesetzes auf den Weg zu bringen. Diese gibt Kommunen in angespannten Wohnungsmärkten die Möglichkeit, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu begrenzen sowie Baugebote und kommunale Vorkaufsrechte leichter zu nutzen. Darüber hinaus ist eine Verordnung notwendig, durch die Wohnraumzweckentfremdung und spekulativer Leerstand eingedämmt werden.

Wir erwarten, dass die öffentlichen Investitionen in Wohnraum für Studierende und Auszubildende deutlich erhöht werden. Es sollten analog zu Studierendenwerken Auszubildendenwerke gegründet 

werden. Die Finanzierung der Auszubildendenwerke sollte durch das Land und Beiträge der Arbeitgeber sichergestellt werden.

Die Landesregierung ist aufgefordert, sich auf der Bundesebene für einen bundesweiten Mietenstopp einzusetzen, wie ihn das Bündnis „Mietenstopp“ (mietenstopp.de) fordert. Die Zeit des Mietenstopps muss für den Bau bezahlbarer Wohnungen genutzt werden. Außerdem sollte die Mietpreisbremse verschärft werden.

Energetische Gebäudesanierungen sind massiv auszuweiten, um die angestrebten Klimaschutzziele zu erreichen. Sie müssen aber sozialverträglich durchgeführt werden. Die Modernisierungsumlage muss auf 4 % gesenkt und zusätzlich gedeckelt werden.

Um die Mieter*innen stärker zu beteiligen, sollten Mieter*innenbeiräte bei allen öffentlichen Wohnungsgesellschaften eingerichtet werden. 

Um die wohnungspolitischen Forderungen umzusetzen, ist eine Personalaufstockung in den Bau- und Planungsämtern auf allen Ebenen dringend notwendig.

Soziale Sicherheit garantieren

Die Veränderungen der Arbeitswelt erfordern eine entsprechende Weiterentwicklung der solidarischen Sicherungssysteme, die jede Form von Erwerbsarbeit ausreichend sozial absichert. Die künftige Landesregierung muss dafür sorgen, dass alle Menschen in Hessen Zugang zu den Leistungen der solidarischen Sozialversicherungen erhalten und weitere soziale Leistungen eine bestmögliche Teilhabe auch in den Wechselfällen des Lebens garantieren. Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Alter dürfen nicht zu Armut führen. Die Ausgestaltung der Sozialpolitik in den Ländern trägt maßgeblich zum Erhalt des sozialen Friedens und der öffentlichen Sicherheit als eine wesentliche Grundvoraussetzung für ein gutes Zusammenleben und Wohlergehen jeder und jedes Einzelnen bei. Eine regelmäßige und gründliche Sozialberichterstattung des Landes ist die Grundlage zur Ausbalancierung sozialer Lebenslagen.

Versorgungsqualität in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen erhöhen

In den zurückliegenden Jahren haben sich die Anforderungen an die stationäre Pflege in Pflegeheimen verschärft. Das gilt sowohl für den quantitativen Anstieg der Pflegebedürftigen, als auch den wachsenden Anteil der Pflegebedürftigen mit stark eingeschränkter Alltagskompetenz. Zudem sinken die Verweildauern bei gleichzeitigem Anstieg der Bedeutung von Behandlungs- sowie Kurzzeitpflege nach einem Krankenhausaufenthalt. Die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs wird die Anforderungen insbesondere im Hinblick auf die Versorgung von Pflegebedürftigen mit kognitiven Einschränkungen zusätzlich erhöhen.

Ausdruck der enormen Belastungen des Pflegepersonals sind eine hohe Fluktuationsrate sowie auffällig häufig psychisch erkrankte Beschäftigte in Pflegeheimen. Der DGB sieht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Personalausstattung und Pflegequalität. Deshalb muss eine neue Landesregierung diesen Missstand beseitigen. Als Sofortmaßnahme gilt ein Schlüssel von einer Pflegekraft zu zwei Bewohnerinnen und Bewohnern. Nachts darf keine Pflegekraft mehr allein arbeiten müssen. Um den Fachkräftemangel nachhaltig zu beseitigen, muss sowohl eine Fachkraftquote von 50 Prozent, als auch ein Schlüssel zur Ausbildung dieser Fachkräfte festgelegt werden.

Pflegerin kümmert sich

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Das am 1.9.22 in Kraft getretene Gesetz zur Tariftreue als Zulassungsvoraussetzung für Pflegedienstanbieter hat sich als Mogelpackung erwiesen. Nicht mal ein Drittel der hessischen Einrichtungen und mobilen Pflegedienste wenden einen Tarifvertrag an oder zahlen nach einer kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinie. Auch wenn es zu spürbaren und dringend notwendigen Verbesserungen bei der Bezahlung von Pflege(fach)kräften gekommen ist, sind wir von einer flächendeckenden Tarifbindung weit entfernt.

Daher fordern wir die Landesregierung auf, auf hessischer Ebene den Tarifvertrag im öffentlichen Dienst als repräsentativen Tarifvertrag zu definieren, den die über 2.000 hessischen ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen anzuwenden haben.

Dies ist ein echter Beitrag zur Fachkräftesicherung, wie sie die Landesregierung in dem Neuen Bündnis Fachkräftesicherung auch anstrebt. Es schafft Vergleichbarkeit zwischen den Einrichtungen und stellt somit auch eine gute Versorgung im ländlichen Raum sicher. 

Im stationären Bereich sind die Arbeitgeber dringend gefordert, für Entlastung ihrer Beschäftigten zu sorgen. Hier geht es unter anderem um die Verlässlichkeit von Dienstplänen, den Umgang mit Nachtdiensten und die Arbeitszeiten an den Wochenenden. Pflegekräfte dürfen nicht mehr als an zwei Wochenenden im Monat im Einsatz sein. Bei Schichten, in denen unterhalb der geregelten Mindestbesetzung gearbeitet wird, muss es einen Belastungsausgleich in Form von zusätzlichen freien Tagen geben. In den landeseigenen Krankenhäusern, wie zum Beispiel am Universitätsklinikum Frankfurt, erwarten wir von der Landesregierung, dass sie sich positioniert und die tarifpolitischen Auseinandersetzungen für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege unterstützt. Im Allgemeinen erwarten wir von der Landesregierung, dass die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgeschriebene Einführung der Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) zügig umgesetzt wird.  Zudem gilt: Gute Pflege endet nicht am Bett! Ein „Out-Sourcing“ bestimmter Gewerke in den Krankenhäusern führt zu einer Spaltung der Belegschaft und zu Ungleichbehandlung. Aus Kosteneinsparungen werden z.B. Küche, Reinigung aber auch „patientennähere“ Tätigkeiten wie der Krankentransport in eigene Servicegesellschaften ausgegliedert. Diese Praxis muss beendet werden, es braucht gleiche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten in einer Klinik.

Auch in der ambulanten Hilfe müssen professionelle Angebote ausgebaut werden, die einen bezahlbaren Verbleib in der eigenen Häuslichkeit sicherstellen. Dies umfasst auch den bedarfsgerechten Ausbau der Infrastruktur für die Tages- und Kurzzeitpflege.

Rücküberführung des Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) in öffentliches Eigentum – Gegen die Privatisierung des Gesundheitswesens!

Die Privatisierung ist kein Erfolgsmodell. Nicht zufällig hat kein anderes Bundesland diesen Weg seither beschritten. Auch Hessens Landesregierung soll die Schlussfolgerungen aus den Erfahrungen der vergangenen 15 Jahre ziehen und den Weg eines kommerziell betriebenen Universitätsklinikums beenden. Denn: Gesundheit ist kein Wirtschaftsgut!
Ein Rechtsgutachten belegt, dass Deutschlands einziges kommerziell betriebenes Universitätsklinikum in Gießen und Marburg (UKGM) nicht in Privatbesitz bleiben muss, sondern in eine öffentliche Rechtsform zurückgeführt werden könnte. Weder Bundesgesetze noch die sogenannte Schuldenbremse stehen einer Rücküberführung in staatlichen Besitz demnach entgegen

Der DGB Hessen-Thüringen bewertet die Privatisierung des UKGM als einen schweren Fehler, der weder für die Beschäftigten und die Patient*innen, noch für die Qualität von Forschung und Lehre 

Vorteile bringt. Eine gute Krankenversorgung ist nur mit ausreichend Personal, nicht aber mit Renditedruck machbar.

Wir fordern das Land Hessen auf, die nötigen Schritte in die Wege zu leiten, um das UKGM auf Basis des Grundgesetzes wieder in öffentliches Eigentum zu überführen, indem es ein Gesetze zur Vergesellschaftung des UKGM auf Basis des Artikels 15 des Grundgesetzes verabschiedet.

Gleichzeitig muss gesetzlich festgelegt werden, dass die Anstalt des öffentlichen Rechts nicht mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, sondern eine Bedürfnisbefriedigung im Sinne der Allgemeinheit in Form der Gewährleistung der Gesundheitsvorsorge bezweckt wird.

Das Land Hessen trägt Verantwortung für eine hochwertige Gesundheitsversorgung in der Region, für faire, humane und tarifvertraglich gesicherte Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sowie für eine gute und verantwortungsvolle Lehre und Forschung.

Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum

Die Gesundheitsversorgung in ländlichen Räumen steht vor großen Herausforderungen. Trotz rückläufiger Bevölkerungsdichte wächst der Bedarf an stationärer und ambulanter medizinischer Betreuung. Insbesondere die Probleme der häuslichen Versorgung werden sich weiter verschärfen. Bei nachlassender Niederlassungsbereitschaft von Ärztinnen und Ärzten könnte in naher Zukunft eine medizinische Unterversorgung im Fachärzte- sowie im Hausärztebereich drohen. Ein schlüssiges Gesamtkonzept, welches auch Fragen zur zukünftigen Bedarfsermittlung, der medizinischen Berufsausbildung oder einer problemorientierten Aufgabenverteilung der Gesundheitsberufe berücksichtigt, fehlt in Hessen.

Soll der öffentliche Sicherstellungsauftrag auch weiterhin auf hohem Niveau erfüllt werden, braucht es grundlegend neue Versorgungsstrukturen.

Integriert in diese gehören auch die konsequente Umsetzung der Istanbul Konvention, der Schutz von Einrichtungen zur Schwangerschaftsberatung einschließlich der Ratsuchenden und der Ausbau von Frauenhäusern und Beratungsstellen zu häuslicher Gewalt. Nur dann kann für alle Menschen ein hochwertiges medizinisches Angebot vorgehalten und trotzdem die Flächenversorgung im ländlichen Raum gesichert werden.

Notwendig ist die Sicherstellung einer guten, sektorenunabhängigen Versorgung vor Ort sowie die Bereitschaft, mutig neue Versorgungsformen zu erproben. Dazu zählen, neben dem Ausbau sinnvoller, an den Interessen der Patient*innen ausgerichteter telemedizinischer Angebote, beispielsweise auch der Ausbau von Projekten wie in Hersfeld-Rotenburg und dem Werra-Meißner-Kreis erfolgreich erprobte „Medibus“.

Losgelöst davon bedarf es selbstverständlich weiterer Anstrengungen zur dauerhaften Ansiedlung von Hausärzt*innen im ländlichen Raum um eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

Gesundheitsversorgung

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In der stationären Versorgung müssen von einer neuen Landesregierung mehr Investitionsmittel für Krankenhäuser bereitgestellt werden. Die momentanen Mittel reichen allenfalls für die Instanthaltung nicht aber für Innovationen in diesem Bereich.

Verhinderung von Altersarmut als Ländersache

Die Landesregierung muss ihren Einfluss in allen bundespolitischen Gremien dahingehend nutzen, Altersarmut zu stoppen. Daher muss die gesetzliche Rente gestärkt und das Rentenniveau auf mindestens 53% erhöht werden. In einem ersten Schritt muss der aus Steuern finanzierte Bundeszuschuss steigen und gleichzeitig die versicherungsfremden Leistungen (wie z.B. die Mütterrenten) aus der Finanzierung durch die Rentenversicherung entfernt werden. Langfristig muss die Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung weiterentwickelt werden, in die alle einzahlen.

Eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters, wie es Arbeitgeberverbände immer wieder fordern, kommt faktisch einer Rentenkürzung gleich und wird vom DGB Hessen-Thüringen entschieden abgelehnt.

Das Propagieren realitätsferner Modelle wie das der „Deutschlandrente“ ist hingegen kontraproduktiv.

Das Altenbild in der Politik orientiert sich vorrangig an der Belastung durch Pflege und Versorgung und berücksichtigt dabei nicht, dass Senior*innen keine homogene Gruppe mit gleichen Bedürfnissen darstellen. Der DGB-Bezirk Hessen-Thüringen setzt sich für gute Lebensbedingungen für ältere Menschen, insbesondere auch in strukturschwachen Regionen in Hessen und Thüringen, ein. Das Thema Teilhabechancen im Alter bedarf dabei zum einen einer gesellschaftlichen Debatte. Zum anderen muss dieses Thema stärker ins Bewusstsein der politisch Verantwortlichen auf Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindeebenen gehoben werden.

Menschen mit Behinderung selbstbestimmt teilhaben lassen

Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf Teilhabe. Dieses Recht gilt landesweit für alle behinderten Menschen. Notwendige Unterstützungsleistungen müssen einheitlich gewährleistet sein, um einheitliche Lebensverhältnisse zu sichern. Es darf nicht von einer Kommune oder einem Landkreis abhängen, ob und wie zustehende Leistungen bemessen werden. Der Handlungsbedarf bei der Etablierung des Bundesteilhabegesetzes ist enorm. Insbesondere die Leistungsträgerschaft der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung setzt Kompetenz und Verlässlichkeit voraus. Die Solidargemeinschaft der Kommunen, die dem Landeswohlfahrtsverband (LWV) Hessen nach ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit Mittel zur Finanzierung von Unterstützungsleistungen für die behinderten hessischen Bürgerinnen und Bürger in Form einer Verbandsumlage zur Verfügung stellen, darf nicht aufgekündigt werden. Anders lassen sich landesweit gleichwertige Lebensverhältnisse nicht gewährleisten.

Vielmehr gilt es die Ausgleichsabgabe zu erhöhen, v.a. für die Unternehmen, die keine*n einzige*n Schwerbehinderten beschäftigen.

Das aktive und passive Wahlrecht steht grundsätzlich jeder Bürgerin und jedem Bürger zu. Menschen mit Behinderung werden zum Teil von dieser Möglichkeit ausgeschlossen. Die auch von Deutschland ratifizierte und somit rechtsverbindliche UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-BRK) verpflichtet auch Hessen über den Artikel 29 sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wirksam und umfassend am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können, sei es unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter oder Vertreterinnen, was auch das Recht und die Möglichkeit einschließt, zu wählen und gewählt zu werden.

Deshalb sind die genannten Ausschlusstatbestände gemäß § 3 Nr. 1 Landtagswahlgesetz (LWG), § 22 Abs. 3 Nr. 1 Hessische Landkreisordnung (HKO) und § 31 Nr. 1 Hessische Gemeindeordnung (HGO) ersatzlos zu streichen.

Demokratie und solidarisches Bewusstsein stärken

Die rechtsterroristischen Morde an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sowie an Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov in Hanau haben in den vergangenen Jahren auf erschütternde Art die Gefahren deutlich gemacht, die von Neonazis und Rassisten ausgehen. Diese Attentate waren die grausamsten ihrer Art in Hessen, jedoch nicht die einzigen in den vergangenen zwei Jahren. Weitere Attentate, wie die Schüsse auf einen Eritreer in Wächtersbach, die Angriffe mit Stahlkugeln auf Migrant*innen in Taunusstein oder der Messerangriff auf einen türkisch-stämmigen Taxifahrer in Kassel, hätten ebenfalls tödlich enden können. Mit 40 offiziell registrierten Körperverletzungen erreichte das Jahr 2020 zudem einen negativen Langzeitspitzenwert im Bereich rechter Gewalttaten. Zuletzt registrierten die hessischen Behörden im Jahr 2000 einen ähnlich hohen Wert. Wenn auch hinter solchen Anschlägen und Gewalttaten einzelne Personen stehen, die die Taten verübt haben, handelten diese keineswegs gesellschaftlich isoliert. Sie agierten vor dem Hintergrund eines weit verbreiteten rassistischen Diskurses, den insbesondere die „Alternative für Deutschland“ (AfD) seit 2015 im öffentlichen Raum und in den sozialen Netzwerken forcierte. Die hessische AfD stellt diesbezüglich keine Ausnahme innerhalb der Partei dar. Dies hat die AfD-Fraktion in ihrer ersten Legislaturperiode im Hessischen Landtag immer wieder unter Beweis gestellt.

Demokratieförderung und zivilgesellschaftliches Engagement gegen Diskriminierung und die extreme Rechte dauerhaft stärken

In Hessen bietet das „beratungsNetzwerk – Gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“ seit 2007 ein umfangreiches und stetig wachsendes Angebot zur Demokratieförderung an. Seit 2011 sind das Beratungsnetzwerk und das Demokratiezentrum Hessen, als zentrale Fach- und Geschäftsstelle, an der Philipps-Universität Marburg angesiedelt. Mehr als 40 zivilgesellschaftliche und staatliche Träger und über 40 Berater*innen leisten im Rahmen der Präventionsarbeit und mobilen Beratung in Kommunen, Schulen, Vereinen u.v.m. einen wichtigen Beitrag in der Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Einstellungen in der Gesellschaft sowie mit extrem rechten Gruppierungen und Parteien. Ergänzt wird das Angebot seit einigen Jahren durch Beratungsstellen für Betroffene rechter, antisemitischer und rassistischer Gewalttaten. Die in den letzten Jahren stetig gestiegene Nachfrage nach Beratungsangeboten der Intervention, Prävention und der Betroffenenberatung, die die Stellen immer wieder an ihre personellen Grenzen führte, haben die Bedeutung dieser Arbeit unterstrichen. Gerade die Zunahme der Beratungsanfrage von Opfern von Diskriminierung verdeutlicht, dass die Verbreitung rassistischer und antisemitischer Stimmungsmache in den Parlamenten, auf den Straßen und den sozialen Netzwerken für viele Betroffene nicht ohne Folgen bleiben. Die Beratungsstellen deuten diesen Anstieg zwar auch als Folge eines höheren Bekanntheitsgrades ihrer Stellen, eines zunehmenden Selbstbewusstseins von Diskriminierten, aber leider auch als Folge der Verschiebung des Sagbarkeitsfeldes und der Zunahme von offen artikulierter Diskriminierung, Hass und Hetze. Für die Betroffenen von Diskriminierung und die Angehörigen von rechten Gewalttaten und rechtsterroristischer Anschläge sind diese unabhängigen Institutionen von höchster Bedeutung.

Die Finanzierungsgrundlage der Arbeit des „beratungsNetzwerks“, des Demokratiezentrums und der Beratungsstellen ist jedoch weiterhin abhängig von den Förderprogrammen der Bundesregierung, aber auch der Hessischen Landesregierung, die die Arbeit über das Landesprogramm „Hessen aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ kofinanziert. Die Arbeit der Träger bleibt dadurch jeweils auf die Dauer von Legislatur- oder Förderperioden reduziert. Viele Projekte und Träger arbeiten insofern in prekären, weil zeitlich befristeten, Verhältnissen.

Der DGB Hessen-Thüringen fordert, dass das hessische Landesprogramm und damit auch die Arbeit der bewährten Träger durch ein Demokratiefördergesetz, unabhängig von der Entwicklung eines solchen Gesetzes auf Bundesebene, verstetigt und institutionalisiert werden.

Der DGB Hessen-Thüringen fordert von der Landesregierung die Gewährung der finanziellen Ausstattung anhand der Bedarfslagen der Beratungsstellen und des „beratungsNetzwerks“ sowie des Demokratiezentrums vorzunehmen.

zivilgesellschaftliches Engagement gegen die extreme Rechte

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Zudem wird die kommende Landesregierung aufgefordert, in Abstimmung mit Städten und Kommunen, für eine lokale Verankerung dieser Arbeit zu sorgen. Mit den 32 in Hessen existierenden „Partnerschaften Demokratie leben“ bestehen auf kommunaler Ebene bereits funktionierende Strukturen, die zivilgesellschaftliches Engagement - bei kommunaler administrativer Verantwortung - bündeln. Dabei gilt der Grundsatz: Engagement für Demokratie benötigt Vertrauen. Die Arbeit der Träger und des „beratungsNetzwerks“ und der Beratungsstellen sollte weitgehend unabhängig vom Einfluss politischer Entscheidungsträger*innen sein.

Wichtige Schritte für die Verankerung all dieser Maßnahmen wären aus Sicht des DGB Hessen-Thüringen eine Antirassismus-Klausel in der Verfassung des Landes Hessen. Eine solche Klausel würde eine Konkretisierung der Grundlagen der wehrhaften Demokratie bedeuten und die Abwehr rassistischer Agitationen explizit zum Staatsauftrag erheben.

Landesantidiskriminierungsgesetz

Die Erfahrungsberichte von Betroffenen über alltäglichen Rassismus, Antisemitismus und weitere Diskriminierungsformen in staatlichen Institutionen haben zudem deutlich gemacht, dass Diskriminierungen auch in staatlichen Institutionen vorkommen. Der DGB Hessen-Thüringen empfiehlt daher analog zum Beispiel der Landesantidiskriminierungsstelle in der Thüringer Staatskanzlei, die Umsetzung einer solchen Stelle auch in der Hessischen Staatskanzlei. Das Beispiel der Landesantidiskriminierungsstelle in Berlin hat gezeigt, dass eine solche Stelle nicht zu massenhaften, ungerechtfertigten Klagen führt. Das derzeit entstehende Antidiskriminierungsnetzwerk THADINE, welches in Thüringen Beratungsstrukturen gegen Diskriminierung vernetzt und mit Mitteln des Freistaates gefördert wird, wäre ebenso für Hessen denkbar. Ein solches Angebot muss niedrigschwellig und flächendeckend, auch im ländlichen Raum, in Form von Beratungs- und Beschwerdestellen umgesetzt werden.

Extrem rechte Ideologien und Verschwörungserzählungen: eine Gefahr für die Demokratie und eine Herausforderung für die politische Bildung

Ein wichtiger Ansatz zur Demokratieförderung ist die Stärkung des Lernorts Schule. Die derzeit in Hessen stattfindende antidiskriminierende Projektarbeit an Schulen gilt es umfangreicher finanziell zu fördern, um junge Menschen bereits früh für die Produktion von Klischees und Vorurteilen und die Gefahren von menschenverachtenden Einstellungen zu sensibilisieren. Den Fächern Politik, Wirtschaft und Geschichte sollte eine größere Bedeutung im Lehrplan zugesprochen werden, um bei jungen Menschen frühzeitig das Interesse an Demokratie und Fragen zur Gestaltung der Gesellschaft zu wecken. Dafür benötigt es in den entsprechenden Fächern gut ausgebildetes Lehrpersonal.

Demokratiepädagogik und die Vermittlung der Grundlagen extrem rechter Ideologien und Erscheinungsformen müssen verpflichtender Teil der Lehramtsausbildung an Universitäten werden.

Die Pandemieleugner*innen-Bewegung hat deutlich gemacht, wie weit verbreitet der Zuspruch zu Verschwörungserzählungen und den damit häufig verbundenen antisemitischen Vorstellungen in der Gesellschaft ist. Hier traten demokratiefeindliche und populistische Haltungen ebenso zu Tage, wie Defizite im Verständnis gesellschaftlicher Komplexitäten und Widersprüche. Dass die Bewegung der Pandemieleugner*innen keineswegs homogen ist, sich dort also nicht nur die klassischen Akteur*innen sogenannter „Extremist*innen“, sondern auch so genannte besorgte Bürger*innen mit Neonazis und „Reichsbürgern“ zusammenfinden, hat die begrenzte Sinnhaftigkeit der Extremismus Debatte und das ihr zugrundeliegende Hufeisenmodell, ein weiteres Mal mehr als deutlich gemacht. Den Thesen Oskar Negts folgend, dass Demokratie eine Lebensform ist, die immer wieder erlernt werden muss und kritisches, politisches Urteilsvermögen die Vorrausetzung einer humanen Gesellschaft darstellt, bedarf es dringend einer stärkeren, gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung über das demokratische Miteinander. 

Medienkompetenz

Zulauf bekommen hat die Pandemieleugner*innenbewegung und andere Protagonist*innen der Verschwörungserzählerszene im Zuge der Corona-Pandemie vor allem durch moderne Kommunikationsmedien (soziale Medien, Chat-basierte Kanäle wie Telegramm u.v.a.). Bereits seit einigen Jahren konnte die Zunahme der Bedeutung solcher Kommunikationsmedien beobachtet werden, die neben der Mobilisierung vor allem der Verbreitung politischer (Des-)Informationen und Fake News dienen. Für junge Menschen spielen digitale Medien eine zentrale Rolle in ihrem Alltag. Die damit einhergehende Bedeutung der sozialen Medien erfordert eine hohe Medienkompetenz. Dies spiegelt sich jedoch derzeit noch nicht in den Lehrplänen der schulischen Bildung der Länder wider.

Der DGB Hessen-Thüringen setzt sich für die Vermittlung von Medienkompetenzen als Teil der Lehrpläne der allgemeinschulischen Bildung ein.

Zur Umsetzung solcher Lehrplaninhalte ist es unerlässlich, dass Lehrkräfte gut aus- und weitergebildet werden, um den Herausforderungen sozialer Medien und den Lebensrealitäten von Digital Natives gewachsen zu sein.

Demokratie stärken – auch in Berufsschulen und Betrieben

Ebenso wie Diskriminierung und extrem rechte Einstellungen keinen Halt vor den Betriebstoren machen, gilt dies auch für Verschwörungsmythen. Auch in den Betrieben und Berufsschulen muss der Abbau von Vorurteilen und Diskriminierungen nicht nur situativ, sondern präventiv und dauerhaft zur Regel werden. Im Rahmen der Berufsausbildung muss die Aufklärung über Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung verpflichtender Bestandteil der Ausbildung werden. Im Bereich der Präventionsarbeit unterstützen der DGB und seine Bildungswerke sowie „Arbeit und Leben“ die Auseinandersetzung mit Diskriminierung und Vorurteilen durch entsprechende Bildungsangebote.

Integration von geflüchteten Menschen durch (Aus-)Bildung in den Arbeitsmarkt – JETZT!

Für den DGB ist die Aufnahme und die Integration von Geflüchteten jedweder Herkunft eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. 

Staatliches Handeln muss vom Artikel 1 des Grundgesetzes geleitet sein: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Infolgedessen darf das Recht auf Asyl nicht zum Spielball der Parteien werden. Wie groß die Herausforderung für Länder und Kommunen, für Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft auch sein mag, müssen aus Sicht des DGB folgende Grundhaltungen gegeben sein:

Alle Akteur*innen müssen es als ihre gemeinsame Aufgabe ansehen, eine menschenwürdige Aufnahme, Unterbringung, (medizinische) Versorgung und Integration aller geflüchteter Menschen zu gewährleisten. Hierzu gehört zunächst, die Verweildauer in den hessischen Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) und sonstigen Gemeinschaftsunterkünften so kurz wie möglich zu halten und die Menschen stattdessen zeitnah den Kommunen zuzuweisen, um dort eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen zu ermöglichen.

Als zentral für eine gelingende Integration und gesellschaftliche Teilhabechancen erweisen sich der Zugang zu Bildung und die Integration in den Arbeitsmarkt.

Bildung dient nicht nur als ein Grundstein für eine demokratische Partizipation in der Gesellschaft, sondern bietet auch einen Einstieg und neuen Zugang zur Arbeitswelt. Die duale Ausbildung ist hierfür ein entscheidender Eckpfeiler. Der DGB erwartet von Politik und Arbeitgebern, dass sie die Integration von Geflüchteten in Ausbildung voranbringen. Das Recht auf Ausbildung muss unabhängig vom Aufenthaltsstatus gewährt sein.

Integration

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Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Einer der Schlüssel für eine gelungene Ausbildung ist die Sprache.

Sprachkurse für Ausbildungspersonal und Auszubildende sind (bei Bedarf) auszuweiten und generell kostenfrei anzubieten. Ausbildungsinhalte sollen mehrsprachig angeboten werden. An beruflichen Schulen sind die Sprachförderung und das sozial- und inklusionspädagogische Angebot zu stärken.

Ausländische Schul-, Berufs und Studienabschlüsse müssen schnell und kostenfrei anerkannt werden. Ausbildungsplatzwechsel und Ausbildungsabbrüche dürfen keine Abschiebung zur Folge haben. Bei geduldeten Geflüchteten, die bereits länger in Deutschland leben und ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern können, müssen Ausweisung oder Abschiebung ausgesetzt werden. Alles andere ist integrationspolitisch nicht verantwortbar und angesichts des bestehenden Fachkräftemangels auch ökonomisch nicht sinnvoll.

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften setzen sich dafür ein, dass die Möglichkeit zur Einbürgerung auch für Menschen erleichtert und beschleunigt wird, die einige Jahre in Deutschland leben. Die Einbürgerungsbehörden haben dabei die Aufgabe, diese Menschen aktiv zum Erwerb der Staatsbürgerschaft zu ermutigen und sie entsprechend zu unterstützen. In vielen anderen Ländern ist die Anerkennung von Mehrstaatlichkeit längst selbstverständlich.

Gleichstellung - Die Politik muss Standards setzen

Mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen wurde das Nachhaltigkeitsziel Nr. 5 die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung von Frauen und Mädchen verbindlich aufgenommen. Die Gleichstellung von Frauen und Männern hat in Deutschland einen Verfassungsrang und ist ein universelles Menschenrecht. Aus gutem Grund ist Geschlechtergerechtigkeit ein gesamtgesellschaftliches Thema. Bis dies erreicht ist gibt es noch viel zu tun. Mehr Chancengleichheit und der Abbau von geschlechtsspezifischen Diskriminierungen - auch in Zeiten des gesellschaftlichen und strukturellen Wandels - müssen deshalb weiterhin auf der politischen Tagesordnung stehen.

Das politische Handeln für mehr Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung gemäß Art 1 Nr. 2 der hessischen Verfassung muss als Querschnittsaufgabe, insbesondere durch die Hessischen Landesregierung, verbindlich umgesetzt werden.

Gleichberechtigung und Gleichstellung brauchen starke Strukturen und ein wirksames Gesetz

Mit Inkrafttreten der letzten Novellierung des Hessischen Landesgleichberechtigungsgesetzes wurde in § 26 eine Klausel zum automatischen Außerkrafttreten mit Ablauf des 31.12.2023 aufgenommen. Das ist ein Skandal, weil es den Eindruck vermittelt, das Ziel der Gleichberechtigung wäre schon erfolgt.

Wir fordern eine lückenlose Novellierung des hessischen Gleichberechtigungsgesetzes noch im Jahr 2023 und die unbefristete Fortsetzung eines zukunftsfähigen sowie modernen hessischen Gleichberechtigungsgesetzes.

Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten haben eine wichtige Funktion für mehr Geschlechtergerechtigkeit und den Abbau von geschlechtsspezifischen Diskriminierungen in den Dienststellen und in der gesellschaftlichen Außenwirkung. Ihre Rolle muss strukturell, personell und finanziell gestärkt werden. Hierzu gehören u. a. mehr Zeitanteile für Freistellungen zur Wahrnehmung der Aufgaben sowie eine verbindliche Stellvertretung mit festgelegten zeitlichen Ressourcen. Darüber hinaus müssen die Kontroll-, Sanktions- und Klagemöglichkeiten deutlich verbessert werden. Der Öffentliche Dienst hat hierbei eine Vorbildfunktion zu erfüllen.

Mehr Plätze in Frauenhäusern sowie Personal zum Schutz vor Gewalt

In Hessen fehlen mindestens 300 Familienplätze in Frauenhäusern, die Beschäftigten dort sowie in Beratungsangeboten arbeiten seit Jahren am Limit. Der Ausbau der Platzangebote muss zeitnah und zügig erfolgen, darüber hinaus braucht es mehr Personal sowie mehr Sachkosten (z. B. für Barrierefreiheit) in Frauenhäusern sowie in den Beratungsangeboten. Insoweit werden die Anforderungen der Istanbul Konvention nur ansatzweise erfüllt, hier gibt es deutlichen Handlungsbedarf.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern

Es fehlen in Hessen hinreichend wohnortnahe und bedarfsgerechte Kinderbetreuungseinrichtungen. So lassen beispielsweise die Betreuungszeiten - insbesondere im ländlichen Raum - keine existenzsichernde Erwerbstätigkeit von Müttern zu. Die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ab dem Schuljahr 2026/2027 muss jetzt vorbereitet werden. Der bedarfsgerechte Ausbau der Ganztagsbetreuung mit pädagogisch wertvollen Konzepten und rhythmisiertem Unterrichtsangebot ist zeitnah und zügig voranzubringen. Der Pakt für den Nachmittag muss neu ausgerichtet werden: Gute Arbeit, Mitbestimmung, Tarifbindung und ausreichend Personal müssen als Standards gelten. Insgesamt fehlt es an pädagogischem Personal; hier besteht ein echter Fachkräftemangel. Wir fordern den Aufwuchs echter Ganztagsschulen und eine Qualifizierungsoffensive „5.000+“, um den Fachkräftebedarf bis 2030 decken zu können. Die Landespolitik muss diesen Prozess steuern und die Umsetzung kontrollieren.

Geschlechtergerechte Haushaltspolitik

Vor geplanten Haushalts- und Finanzentscheidungen der Landesregierung (z. B. zur Verteilung staatlicher Finanzmittel/Konjunkturprogramme) wird zuerst geprüft, durch welche Maßnahmen die Teilhabe am Erwerbsleben von Frauen und Alleinerziehenden geschlechtergerecht gefördert werden kann. Hierzu wird das Instrument des Gender Budgeting eingeführt und kontinuierlich angewendet.


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