Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 001 - 03.01.2013
Gewerkschaften fordern Neuordnung der Arbeitswelt: arm trotz Arbeit darf nicht

DGB-Berechnungen zeigen: viele hessische Vollzeitbeschäftigte erhalten nur Niedriglohn

Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen sind für den DGB Hessen-Thüringen kein Anlass zum Aufatmen. Zwar seien die Arbeitslosenzahlen im letzten Monat des vergangenen Jahres nur leicht um 3.700 Personen gestiegen, damit sei im Weihnachtsgeschäft aber auch zu rechnen gewesen, sagte der DGB-Bezirksvorsitzende Stefan Körzell. „Es war angemessen, dass die Bundesregierung offensichtlich die Entwicklung verstanden und nach unseren vielfachen Forderungen die Bezugsdauer des Kurzarbeitergelds von sechs auf zwölf Monate heraufgesetzt hat. Damit sind wir schon grundsätzlich gut gerüstet für eine mögliche Verschärfung der Lage am Arbeitsmarkt. Sollte diese Entwicklung jedoch weitergehen, muss man zu der alten Regelung zurückkehren und die Bezugsdauer des Kurzarbeitergelds bis auf 24 Monate heraufsetzen.“ Dies habe sich in der letzten Krise bewährt, deshalb gebe es keinen Grund, es nicht wieder genau so zu machen. Dass die Lage ernster sei, zeige nicht zuletzt der Anstieg der Betriebe, die Kurzarbeit gemeldet hätten. So haben im November 2012 in Hessen laut Regionaldirektion bereits 20 Betriebe mehr als im Vorjahresmonat von der Kurzarbeitsregelung Gebrauch gemacht.

Besorniserregender Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit zum Vorjahr

Sauer reagiert Körzell auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit junger Menschen: „16.065 Erwerbslose unter 25 Jahren und die hessischen Arbeitgeber beklagen einen Fachkräftemangel. Das passt nicht zusammen. Dies ist ein Anstieg von 8,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die hessischen Arbeitgeber handeln mal wieder anders, als sie in Sonntagsreden verkünden.“ Aber auch die Landesregierung bezieht Körzell in diese Kritik ein. „Diese vermittelt den Eindruck, in Hessen gäbe es keinen Nachwuchs an jungen Fachkräften und unternimmt Rekrutierungsreisen ins europäische Ausland. Dabei ist das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Hessen mit den Händen zu greifen.“ Hier liegt der Handlungsdruck, so Körzell, zunächst im eigenen Land.

Niedriglohnsektor in Hessen wächst

Die ernste Lage auf dem Arbeitsmarkt, so Körzell, dürfe im Jahr 2013 jedoch nicht dafür genutzt werden, die Qualität der Arbeit weiter zu verschlechtern. „Der wachsende Niedriglohnsektor gibt uns allen Anlass zur Sorge.“ Berechungen des DGB haben ergeben, dass jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte in Hessen für weniger als 1.890 Euro brutto im Monat arbeitet und somit zu den Niedrigverdienern zählt. In manchen Städten und Landkreisen Hessens seien das deutlich mehr Menschen wie zum Beispiel ein Drittel der Beschäftigten in den Landkreisen Hersfeld-Rotenburg und Werra-Meißner mit jeweils 30,4 Prozent. Knapp darunter liegt der Odenwaldkreis mit 29,7 Prozent der Vollzeitbeschäftigten im Niedriglohn. Frauen sind die Hauptbetroffenen, mehr als ein Viertel der weiblichen Vollzeitbeschäftigten muss demnach mit weniger als 1.890 Euro brutto auskommen. Der Main-Taunus-Kreis hält den hessenweit besten Wert mit immer noch zweistelligen 13,7 Prozent vollbeschäftigten Niedriglöhnern, gefolgt von Darmstadt mit 14,1 und Frankfurt mit 14,3 Prozent.

Arm trotz Arbeit darf nicht sein

Der DGB Hessen-Thüringen fordert die Politik auf, diese Niedriglohn-Situation zu verändern. Stefan Körzell: „2013 muss die Arbeitswelt neu geordnet werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass immer mehr Menschen arm sind trotz Arbeit. Zu den erforderlichen Gegenmaßnahmen gehören ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro die Stunde genauso wie Equal Pay in der Leiharbeit und Regelungen gegen den Missbrauch von Werkverträgen. Minijobs sollten grundlegend reformiert und ab dem ersten Euro sozialversicherungspflichtig werden. Sachgrundlose Befristungen benachteiligten vor allem junge Menschen und gehören abgeschafft“.

Für die Erhebung hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die auch von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verwendete Definition über Niedriglöhne zugrunde gelegt. Danach zählt zu den Geringverdienern, wer in seinem Land auf weniger als zwei Drittel des mittleren (durchschnittlichen) Lohns kommt. Für Westdeutschland sind das 1890 Euro. Ausgewertet wurden die Meldungen für die Sozialversicherungen, die die Arbeitgeber vornehmen. Für die alten Bundesländer wurden rd. 16,6 Mio. Meldungen von Vollzeitbeschäftigten mit sozialversichertem Job einbezogen und für die neuen Bundesländer gut  3,9 Mio. Meldungen.


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