Michael Rudolph, Bezirksvorsitzender des DGB Hessen-Thüringen, sagte mit Blick auf die begonnen Nachvermittlung am hessischen Ausbildungsmarkt: „Zu Beginn des diesjährigen Ausbildungsjahres gab es in Hessen für 6.724 junge Menschen weder einen Ausbildungsplatz noch eine passende Alternative. Gleichzeitig bleiben 10.307 Ausbildungsplätze unbesetzt. Die Unternehmen dürfen nicht länger eine Bestenauslese vornehmen. Gerade Schulabgänger*innen mit Hauptschulabschlüssen sind massiv benachteiligt und bekommen seltener einen Ausbildungsplatz. Dabei wird jede/r Jugendliche gebraucht.“*
Auch nach einem Monat Nachvermittlung am Ausbildungsmarkt stehen noch immer 2010 Ausbildungssuchende 3930 betrieblichen Ausbildungsplätzen gegenüber.**„Für viele scheint das Perfect Match trotz offener Berufsausbildungsstellen nicht zu gelingen.
DGB fordert die Schaffung eines Azubiwerkes
Aus Sicht des DGB müssen außerdem dringend die sozialen Rahmenbedingungen für Auszubildende verbessert werden. „Ziel muss es sein, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dafür müssen mehr Azubi-Wohnheime gebaut werden. So wird die duale Ausbildung attraktiver“, so Rudolph. „Um dieses Ziel zu realisieren, schlagen wir die Einrichtung eines hessischen Azubiwerkes ähnlich der Studierendenwerke vor“.
Laut der Studie „Junges Wohnen in Hessen“ welche das Pestel-Institut im Auftrag der DGB-Jugend Hessen-Thüringen erstellt hatte, dürfte die aktuelle Wohnungssituation zu einem wachsenden Hemmnis bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen und damit auch der Fachkräftegewinnung werden.***
„Per Saldo werden rund ein Drittel der Ausbildungsplätze in den kreisfreien Städten von Menschen besetzt, die nicht in der Stadt wohnen, also einpendeln müssen. Das ist ein wichtiges Indiz dafür, dass bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende geschaffen werden muss. Wir brauchen ein Angebot an Wohnheimplätzen für Auszubildende, damit sie die Möglichkeit haben, ein von den Eltern unabhängiges Leben zu führen. Analog zu Studierendenwerken braucht es Auszubildendenwerke, um die dringend nötigen Wohnheimplätze zu realisieren. Die künftige Landesregierung muss das Thema Azubiwohnen dringend ernst nehmen, denn schon jetzt finden viele Betriebe keine Auszubildenden mehr" ordnete Rudolph die Entwicklung am hessischen Ausbildungsmarkt ein.
Als weitere Maßnahmen, um die Attraktivität der dualen Ausbildung zu verbessern, fordert der DGB Hessen-Thüringen in einer schnellen Umsetzung der Ausbildungsgarantie. Diese müsse landesseitig mit einem Ausbildungsfonds flankiert werden. Rudolph: „Wer nicht ausbildet solle in einen Ausbildungsfonds einzahlen und so Verantwortung für die Rahmenbedingung und die Qualität der Ausbildung übernehmen“
Auch brauche es einen flächendeckenden Aufbau von Jugendberufsagenturen, die das Nebeneinander von Arbeitsagentur, Jobcenter und Jugendamt durch ein abgestimmtes Angebot ersetzen sowie ein vergünstigtes Deutschlandticket als Unterstützung und Wertschätzung für junge Menschen in Ausbildung vor.
* Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Der Ausbildungsmarkt, August 2023
** Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Der Ausbildungsmarkt, Oktober 2023
*** Studie „Junges Wohnen in Hessen“