Die Grundlage
Die Vermögensuhr basiert auf der Verteilung des individuellen Netto-Vermögens (Vermögen von Personen ab 17 Jahren) in Deutschland in den Jahren 2002 und 2007. Die Höhe des Gesamtvermögens in Deutschland und seine Verteilung ist von Wissenschaftlern des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung ermittelt worden. Das Nettovermögen setzt sich aus den folgenden Komponenten zusammen:
Hausrat und PKW sind nicht enthalten, da hierfür ein adäquater Marktwert nur schwer zu ermitteln ist. Hierdurch wird der Wert des Vermögens unterschätzt.
Im Jahr 2007 verfügten alle Personen in Deutschland, die 17 Jahre und älter waren, über ein Nettovermögen in Höhe von 6,6 Billionen Euro (Bruttovermögen: 8 Billionen Euro, Verbindlichkeiten: 1,4 Billionen Euro). Damit ist innerhalb von fünf Jahren ein Anstieg von 900 Mrd. Euro auszumachen – 2002 belief sich das Nettovermögen auf 5,7 Billionen Euro.
Die Vermögen in Deutschland sind extrem ungleich verteilt, und diese Ungleichverteilung hat zwischen 2002 und 2007 stark zugenommen (vgl. auch die Abbildung). Die ärmsten 10 Prozent der Bevölkerung sind im Jahr 2007 verschuldet, rund zwei Dritte aller Erwachsenen weisen kein oder nur ein sehr geringes individuelles Nettovermögen auf. Im Gegensatz dazu verfügen die reichsten 10 Prozent über mehr als 60 Prozent des Gesamtvermögens, und das reichste 1 Prozent besitzen allein knapp 23 Prozent.
Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
Ursache für persönlichen Reichtum sind z.B. Erbschaften und Schenkungen, es besteht jedoch auch ein klarer (positiver) Zusammenhang zwischen der Höhe von Einkommen und Vermögen: Wer viel verdient, verfügt meist auch über ein hohes Vermögen. Dabei beeinflussen sich Einkommenssteigerung und Vermögenszuwachs gegenseitig: hohe Einkommen ermöglichen über Ersparnisse eine entsprechende Vermögensbildung, und steigende Vermögen werfen zunehmende Zinseinkommen ab.
Die Fortschreibung des Vermögens
Die Vermögensuhr des DGB Hessen-Thüringen schreibt das private Nettovermögen fort. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Zuwachs ähnlich verläuft wie zwischen den Jahren 2002 und 2007. Die Uhr versteht sich explizit als politischer Gegenentwurf zur Schuldenuhr des so genannten Bunds der Steuerzahler. Durch den Verzicht auf eine angemessene Besteuerung hoher Vermögen verschenkt die öffentliche Hand erhebliche Einnahmen – Geld, das zum Abbau der Verschuldung und für wichtige Aufgaben fehlt, z.B. im Bereich Erziehung und Bildung.
DGB Hessen-Thüringen/J. Planert
Politische Schlussfolgerungen
Die Einkommens- und Vermögensverteilung wird in Deutschland immer ungleicher: Der Niedriglohnsektor wächst, die Reallöhne fallen und die Armutsgefährdung steigt, während hohe Einkommen und Vermögen wachsen. Der Anteil der vermögensbezogenen Steuern (Erbschaftsteuer, Vermögensteuer usw.) am Bruttoinlandsprodukt liegt mit unter 1 Prozent nur etwa halb so hoch wie im Durchschnitt der OECD-Länder. Gleichzeitig ist die öffentliche Hand in Deutschland strukturell unterfinanziert: Wichtige Ausgaben etwa im Bereich der öffentlichen Infrastruktur, im Bildungssystem oder im Bereich der Erneuerbaren Energie können nicht im erforderlichen Umfang getätigt werden. Die Konsequenz daraus muss eine angemessene Besteuerung von hohen Einkommen und Vermögen sein, die sich zumindest am OECD-Durchschnitt orientiert.
Eine moderate Vermögensteuer mit einem Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro und einem Vermögensteuersatz von 1 Prozent brächte Einnahmen in Höhe von jährlich 20 Milliarden Euro. Wenn zudem das Erbschaftssteueraufkommen durch Besteuerung besonders hoher Erbschaften gesteigert würde, könnten weitere 6 Milliarden Euro für die öffentliche Hand mobilisiert werden.
Literatur
Joachim R. Frick/Markus M. Grabka, Gestiegene Vermögensungleichheit in Deutschland, in: DIW Wochenbericht 4/2009.
Joachim R. Frick/Markus M. Grabka/Richard Hauser, Die Verteilung der Vermögen in Deutschland, Berlin 2010.
Ver.di, Konzept Steuergerechtigkeit, Berlin 2009.