Deutscher Gewerkschaftsbund

15.05.2023

Hessisches Sozialforum positioniert sich zur Landtagswahl mit Forderungen für sozial-ökologischen Umbau

Unter reger Teilnahme haben am Samstag, den 13. Mai Interessierte und Vertreter*innen zahlreicher Initiativen, Sozialverbände, kirchliche Organisationen und Gewerkschaften im Rahmen des 16. Hessischen Sozialforums im Haus am Dom in Präsenz und virtuell zugeschaltet diskutiert. Unter dem Titel „Zukunft für ALLE! Sozialökologische Krise in Hessen- Was tun?“ wurden Forderungen und Positionen für die Landtagswahl im Herbst vorgestellt und abgestimmt. Zu den sieben Themenblöcken, zu denen zivilgessellschaftliche Organisationen Kernforderungen formuliert hatten, zählten Armut, Wohnen, Klima, Mobilität, Arbeit, Migration und Flucht und Arbeit gegen Rechts.

Der Verband Alleinerziehender Mütter und Väter sowie das Bündnis gegen Altersarmut von Frauen fordern vom Land Hessen die Eindämmung des Niedriglohnsektors und eine bessere Bezahlung in allen Pflege- und Betreuungsberufen. Auch das Thema Wohnen, vorgetragen vom Bündnis Mietenwahnsinn Hessen greift in den Armutsbereich, da immer mehr Menschen bis zu 50% ihres Einkommens für Wohnen ausgeben müssen. Gleichzeitig wird im Rahmen der energetischen Sanierung derzeit nur von einer Entlastung der Eigentümer bzw. Vermieter gesprochen und Mieter erleben gleichzeitig enorme Mieterhöhungen. Deshalb muss das Land den sozialen Wohnungsbau deutlich ausweiten. Eine weitere Forderung ist, dass es zu keiner Verdrängung durch Modernisierung oder energetische Sanierung kommen darf.

Die Vertreter von Fridays for Future zeigten mit ihren Forderungen deutlich, dass der Klimaschutz quer zu vielen anderen Bereichen liegt, von Wohnen bis zu Verkehrswende. Sie fordern vom Land deshalb neben der deutlichen Beschleunigung im Ausbau der erneuerbaren Energien, den massiven Ausbau des ÖPNV. Diese Position wurde auch von der Verkehrswende Hessen aufgegriffen und in den Kontext eines umfassendes, integriertes Mobilitätsgesetz einordnet. Sie fordern eine umwelt- und sozialverträgliche, sichere, klimaneutrale und barrierefreie Mobilität für alle Hess*innen. Ein gerade für Hessen sehr akutes Thema ist der Bereich Migration und Flucht, denn da zeigen andere Bundesländer wie es selbst in diesem hauptsächlich vom Bund geregelten Bereich Möglichkeiten gibt, Migrant*innen mit Landesförderprogrammen besser zu beraten und aufenthaltsrechtliche Fragen schneller zu regeln. Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften forderte deshalb Ausschlüsse und Barrieren für Menschen mit internationaler Biographie entschieden abzubauen. So müsse etwa der Zugang zum Arbeitsmarkt sowie der Familiennachzug deutlich erleichtert werden.

Arbeitsmarktpolitische Forderungen stellten auch Vertreter*innen von DGB Hessen-Thüringen: öffentliche Aufträge und Wirtschaftsförderung sollten nur an Unternehmen vergeben werden dürfen, die Tarifverträge anwenden. Der Aspekt von Barrieren und Ausschlüssen wurde auch im Bericht von muslimischen Hess:innen betont, die eindrücklich von Erfahrungen mit Alltagsrassismus berichteten. Sie fordern die Aufnahme einer Anti-Rassismus-Klausel in die hessische Landesverfassung und die Verstetigung der Arbeit der zivilgesellschaftlichen Trägerorganisationen über ein Demokratieförderungsgesetz.

Insgesamt wurden von den zivilgesellschaftlichen Organisationen 20 Forderungen erhoben, aus denen das Publikum per Mentimeter-Abstimmung sieben priorisierte. Diese Forderungen wurden schließlich durch den Moderator Klaus Jürgen Göpfert in das Podium mit den Vertreter*innen der hessischen Fraktionen B‘90/Grüne, CDU, FDP, SPD und LINKE eingespielt und dort kontrovers diskutiert. Die Forderungen fanden nicht alle den gleichen Widerhall. Während sich alle Vertreter*innen der Parteien beispielsweise einig waren, dass es weiterhin einen entschiedenen Kampf gegen Rassismus in Hessen bedarf, wurde über Forderungen im Bereich Wohnen, Arbeit und Klima lebhaft gestritten.

Nach zwei Jahren der Pandemie-Pause eröffnete das Hessische Sozialforum damit erneut die Möglichkeit für Begegnung, Austausch und demokratische Diskussion zwischen Zivilgesellschaft und hessischen Landespolitiker*innen. Mit dem Elan aus dem gelungenen Sozialforum wollen die Initiativen ihre Forderungen für einen beschleunigten sozial-ökologischen Umbau in den beginnenden Wahlkampf einbringen.


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