Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 40 - 02.06.2021

Gewerkschaften kritisieren Verweigerungshaltung: Novellierung des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes bringt keine substanziellen Verbesserungen für die Tarifbindung

Frankfurt, 02.Juni 2021

„Die von der schwarz-grünen Landesregierung vorgelegte Novellierung des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes ist mit Blick auf den Kampf gegen Lohndrückerei und untragbare Arbeitsbedingungen leider als ziemlicher Ausfall zu werten!“ Mit diesen Worten kommentierte Michael Rudolph, Vorsitzender des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen, den Gesetzentwurf von CDU und Bündnis 90/Die Grünen, der heute im Wirtschaftsausschuss des Landtags beraten wird.

Aus Sicht der abhängig Beschäftigten bringe der Gesetzentwurf keine Verbesserungen: „Mit der Novellierung wird keine allgemeine Verpflichtung zur Entlohnung nach Tarif eingeführt, die über die bereits bestehenden Regelungen zum Öffentlichen Personennahverkehr hinausgeht. Bezug genommen wird lediglich auf Bestimmungen, die sowieso verpflichtend sind“, so der Gewerkschafter.

Aufgrund der neuen europäischen Entsenderichtlinie ist es möglich, dass allgemein wirksame Tarifverträge wieder zur Grundlage von öffentlichen Ausschreibungen gemacht werden. Zwei Bundesländer – Thüringen und Berlin – haben in ihren Vergabegesetzen entsprechend umfassende Tariftreueregelungen in Kraft gesetzt. In weiteren Bundesländern sind entsprechende Regelungen in der Planung. Außerdem verzichtet Schwarz-Grün in Hessen anders als andere Länder auf einen vergabespezifischen Mindestlohn. Zu bemängeln an der vorgesehenen Novellierung sind zudem fehlende Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten.

Hessen, so Rudolph weiter, habe die niedrigsten Durchschnittslöhne im Baugewerbe im Vergleich der westdeutschen Bundesländer. Die fehlende allgemeine Tariftreueregelung und mangelnde Kontrollen schlagen hier besonders zu Gewicht: „Betriebe, die ihre Beschäftigten ordentlich bezahlen, haben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge das Nachsehen.“ So sei das Rhein-Main-Gebiet über Jahre zum Niedriglohnstandort im Baugewerbe geworden. In ländlichen Gebieten, in denen die öffentliche Auftragsvergabe eine eher untergeordnete Rolle spielt, sind die durchschnittlichen Löhne höher.

Kritisch sieht der DGB zudem, dass für die Kommunen im Falle größerer Aufträge keine Verpflichtung zur Abfrage bei der neu einzurichtenden Informationsstelle besteht. Eine Sonderbehandlung der Kommunen sei an keiner Stelle im Gesetz zu rechtfertigen, wie ein besonders schwerwiegender Verstoß im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe im Reinigungsbereich zeige: „Laut der Staatsanwaltschaft in Frankfurt musste die Firma APEG Gebäude-Service GmbH ihren Betrieb einstellen. Das Unternehmen hatte ausschließlich Aufträge der Stadt Frankfurt im Bereich der Reinigungsbranche erfüllt, dabei wurden mehr als 50 Schulen im Stadtgebiet gereinigt. Wir wissen von einer Schule, die deswegen längere Zeit nur sporadisch gereinigt wurde. Die Schulklos stanken so sehr, dass die Kinder nicht mehr auf die Toiletten gehen wollten. Und das in Zeiten der Corona-Pandemie! Angesichts eines solchen Falles muss eine verpflichtende Abfrage bei der Informationsstelle auch für Kommunen ins Gesetz.“

 


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